Gut, wenn man mit dem Aufbau seines Altersvermögens früh angefangen hat. Aber Hand aufs Herz – die Problematik der Rentenlücke war vielen von uns früher einfach nicht bewusst. Und selbst wenn, dann blieb vom Arbeitseinkommen oft nicht genug zum Sparen übrig. So oder so ist es wichtig, sich auch nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben Gedanken über Kapitalanlagen zu machen. Entweder, um zuvor Versäumtes durch bessere Erträge auszugleichen, oder um das vorhandene Vorsorgekapital so zu vermehren, dass Sie im Idealfall von den Zinsen leben können.
Faustregel zur Aktienquote
Keine Geldanlage ist ohne Risiko. Risikoarme Sparformen bieten aber aktuell so niedrige Zinssätze, dass sie die Inflation nicht ausgleichen. Andererseits können Senioren es sich nicht leisten, alles auf Risiko zu setzen. Während man in jungen Jahren vorübergehende Kurseinbrüche aussitzen und vielleicht sogar einmal einen Totalverlust verkraften konnte, geht das im Rentenalter nicht mehr. Ist genügend Geld für kurzfristige ungeplante Ausgaben wie Reparatur von Auto oder Haushaltsgeräten auf der hohen Kante, kann man für längerfristig angelegtes Geld mit der Formel „Aktienquote = 100 minus Lebensalter“ rechnen. Aktienquote steht in diesem Fall für diverse Geldanlagen mit erhöhtem Risiko, zum Beispiel breit streuende Aktienfonds wie einen Indexfond auf den MSCI World. Ein Siebzigjähriger sollte nach dieser Formel also 70 % seines Altersvermögens im sicheren Hafen haben, kann aber immer noch 30 % mit höheren Chancen auf mehr Erträge, dafür aber auch mit höherem Risiko investieren.
Neue Möglichkeiten im Internet
Viele Silver Surfer sind online sehr aktiv. Nicht nur in Corona-Zeiten werden Kontakte per Skype gepflegt, online eingekauft und Bankgeschäfte ganz selbstverständlich am Computer oder Smartgerät erledigt. Das eröffnet innovative Möglichkeiten der Geldanlage über klassische Produkte wie Sparverträge der Bank oder private Rentenversicherungen hinaus. Wer keinen persönlichen Bankberater hat oder – angesichts von Bonuszahlungen und Provisionen – nicht von dessen Neutralität überzeugt ist, wird vielleicht mit einem Robo Advisor glücklich. Robo Advisors übernehmen auf Basis von Algorithmen die Vermögensverwaltung. Sie handeln im Rahmen einer zuvor festgelegten Risikobereitschaft des Anlegers. Einfache Robo Advisors nehmen lediglich ein Rebalancing vor, kaufen und verkaufen also Wertpapiere, um ein durch Wertveränderungen aus dem Gleichgewicht geratenes Verhältnis verschiedener Risikoklassen wiederherzustellen.
Komplexere Algorithmen verfolgen das Prinzip Value at Risk (VaR). Der Anleger entscheidet sich beispielsweise für einen VaR von 15 %. Setzt ein Robo Advisor diese Anlagestrategie mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % um, bedeutet das, dass statistisch einmal in zwanzig Jahren (entspricht 5 % der Zeit) Verluste von mehr als 15 % auftreten. Ungewöhnlich, aber seriös und wissenschaftlich korrekt: Hier werden keine Gewinne versprochen, sondern Verlustwahrscheinlichkeiten betrachtet. Die Erfahrung spricht dafür, dass Gewinnchancen bei einem VaR von 15 % höher sind als bei 5 %, denn im zweiten Fall müsste der Robo Advisor überwiegend auf sichere Anlagen setzen.
Eine andere, noch recht neue Form der Online-Geldanlage ist das Investieren in Kredite, wie es auch Banken tun. Hoch verzinst, aber mit großen Risiken behaftet sind Privatkredite über P2P (Peer to peer) Plattformen. Crowdinvesting in sogenannte Nachrangdarlehen, zum Beispiel bei Bauvorhaben, erfreut sich großer Beliebtheit, birgt aber das Risiko eines Totalverlusts, wenn nur ein Projekt finanziert wird. Der Anbieter Iban stellt das Geld seiner Kunden Banken zur Kreditvergabe zur Verfügung und bietet dabei eine dreifache Absicherung (Bonitätsprüfung der Bank, Rückkaufverpflichtung bei Zahlungsverzug und Verlustausgleich aus eigenen Rückstellungen). Bis zu 6 % Zinsen sprechen hier für ein gutes Verhältnis von Chancen zu Risiken.
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