Wetterfühligkeit im Alter: Fakt oder Illusion?

In Zeiten des Klimawandels schwankt das Wetter immer stärker zwischen Extremen. Gestern noch frühlingshafte Temperaturen, heute schon wieder eisiger Wind und Minusgrade. Auf solche oder ähnliche Wetteraussichten müssen wir uns unweigerlich in Zukunft einstellen. Für viele Menschen können diese Schwankungen – insbesondere in dem Zeitraum, den wir für gewöhnlich (noch) “die kalte Jahreszeit” zu nennen pflegen – jedoch zu einer Belastung führen, da sie unter dem ominösen Phänomen namens “Wetterfühligkeit” leiden. Dabei wird hier und da behauptet, dass dies vor allem ältere Menschen betreffe. Aber ist das so?

Die Regulation der Körpertemperatur findet im Gehirn im sogenannten “Hypothalamus” statt. Dieser erhält regelmäßig Informationen über den Ist-Wert der Körpertemperatur von speziellen Thermorezeptoren, die sich sowohl im Körperkern als auch in der Körperschale befinden. Entspricht der Ist-Wert nicht dem im Hypothalamus “programmierten” Soll-Wert, werden Maßnahmen zur Ist-Wert-Korrektur eingeleitet – beispielsweise das Zittern. Der Soll-Wert entspricht dabei einer Temperatur von 37 °C, die im Laufe eines Tages um ca. ein Grad nach oben oder unten schwanken kann. So ist die Körpertemperatur etwa morgens geringer als mittags und abends. Allerdings wird die Temperatur nicht in allen Körperregionen konstant gehalten, sie gilt nur für den sogenannten “Körperkern”, der alle lebensnotwendigen Organe (Gehirn, Herz und Nieren etc.) umfasst. In der Peripherie – der sogenannten “Körperschale” – kann die Temperatur dagegen durchaus schwanken. Daraus erklärt sich auch, warum wir bei Kälte schnell mal kalte Füße und Hände bekommen: Um die Funktionsfähigkeit der lebensnotwendigen Organe zu gewährleisten, steuert der Hypothalamus die Wärme aus den Extremitäten in den Körperkern. Insofern stellt das Frieren einen notwendigen Schutzmechanismus des Körpers dar, der unter Umständen auch unangenehm bis schmerzhaft wirken kann, um etwaigen Gewebeschäden durch Kälte vorzubeugen.

Mit zunehmendem Alter empfindlicher gegen Kälte?

Was die Körpertemperatur anbelangt, so herrscht oftmals die Meinung vor, dass Frauen und Ältere schneller zum Frieren neigen. Häufig wird auch von “wetterfühligen” Menschen gesprochen, die sensibel auf Wetterschwankungen reagieren, dabei aber im Grunde kerngesund sind. Symptome können hier beispielsweise leichte Kopfschmerzen sein. Demgegenüber spricht man von “Wetterempfindlichkeit”, wenn Vorerkrankungen vorliegen, die die Betroffenen empfindsamer für Wetterumschwünge werden lassen. Aber stimmt es nun, dass Frauen und Ältere schneller frieren als Männer und Jüngere?

Was die Kälteempfindlichkeit bei Frauen angeht, scheint es keine pauschale Antwort zu geben. Die Schutzvorrichtung, die uns im Falle des Frierens naturgemäß “mitgegeben” wurde, ist jedenfalls bei beiden Geschlechtern gleich. Unterschiede gibt es dagegen etwa beim Fettanteil: Der Fettanteil im Unterhautfettgewebe kann bei Frauen geringer als bei Männern sein, weshalb manche Frauen eher zum Frieren neigen; Männer dagegen haben in der Regel mehr Muskelmasse, die selbst beim Ruhen zusätzliche Wärme erzeugt. Gleichwohl können natürlich auch Frauen einen muskulösen Körper haben, der in gleicher Weise wärmeerzeugend wirkt.

Und auch, dass Ältere schneller zum Frieren neigen, lässt sich nicht so eindeutig beantworten. Zumindest in puncto Wetterfühligkeit kann man sagen, dass diese mit dem Alter nicht ansteigt. Jedoch leiden ältere Menschen überdurchschnittlich häufiger an etwaigen Erkrankungen und Beschwerden, wodurch der Eindruck entstehen mag, dass sie grundsätzlich wetterfühliger sind oder schneller frieren. Genau genommen handelt es sich dann jedoch um “Wetterempfindlichkeit”.

Was tun gegen das Frieren?

Nun ist Frieren aber auch etwas, gegen das man sich vergleichsweise gut wappnen kann. Eine Möglichkeit besteht dabei natürlich darin, sich schlichtweg wärmer zu kleiden oder Decken, Heizkissen und Wärmeflaschen zu benutzen. Eine andere Option ist es, einfach mehr Bewegung in den Alltag einzubauen und weniger Stress sicherzustellen. Wer etwa sportlich aktiv ist und insofern eine gut entwickelte Muskulatur hat, friert entsprechend weniger. Aber auch Saunagänge und generell häufige Aufenthalte im Freien führen zu einer verbesserten Wärme-Resilienz. Wenn diese Tipps nicht helfen, ist es dagegen ratsam, einen Arzt zu konsultieren, da sich hinter der Wetterfühligkeit bzw. Kälteempfindlichkeit auch etwaige Krankheiten verbergen können.

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